Resilienz - wie wir mit belastenden Erfahrungen umgehen können
Perspektiven der Positiven Psychologie
Resilienz beschreibt unsere Fähigkeit, wie wir nach belastenden Erfahrungen wieder zum eigenen psychischen Leistungsniveau zurückzufinden. Dieser Prozess läuft in Etappen ab, manchmal schneller, manchmal langsamer, und immer auf den Ebenen des Verhaltens, der Emotion und der Kognition:
- In Bezug auf unser Verhalten lernen wir, mit der Belastung umzugehen, indem wir individuelle Bewältigungsstrategien entwickeln.
- Emotional reagieren wir auf das Erlebte, indem wir Gefühle spüren, manchmal starke und ungewohnte und
- kognitiv versuchen wir es zu verarbeiten, indem wir es in Zusammenhang mit bringen mit dem, was wir bisher erlebt haben.
In der Erfahrung einer belastenden Situation stehen negative Emotionen verständlicherweise im Vordergrund. Angst, Trauer, Überlastung, Wut und ähnliche Gefühle ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Evolutionspsychologisch ist das auch durchaus sinnvoll, denn jedes negative Gefühl signalisiert eine potentiell überlebenswichtige Botschaft:
- Angst weist uns beispielsweise auf Gefahr hin,
- Trauer zeigt uns den Verlust von etwas Wertvollem,
- Wut eine Verletzung unserer Grenzen.
Positive Emotionen helfen uns dagegen nicht beim Überleben, sondern beim Wachsen. Sie erweitern unsere Wahrnehmung und lassen uns offen werden für Neues.
Barbara Fredrickson, eine führende Emotionsforscherin, definiert Resilienz als „die Fähigkeit in schwierigen Situationen auch das Positive wahrzunehmen“. Es geht hier nicht um plumpes Reframing - „sieh das doch mal positiv“ - sondern vielmehr um eine differenzierte Wahrnehmung der belastenden Situation. Keine Erfahrung ist nur negativ; es gibt immer auch neutrale oder positive Facetten darin, im Zweifelsfall dann, wenn wir unsere Perspektive erweitern:
Wie werde ich die Situation in einigen Jahren einschätzen?
Wie sieht sie ein außenstehender Betrachter?
Um die Fähigkeit zur Resilienz zu fördern, empfiehlt Fredrickson,
einerseits negative Emotionen zu würdigen und zu verarbeiten und
andererseits positive Emotionen bewusst in den Vordergrund zu holen: Prioritise Positivity. Die Frage lautet: Wie verschaffst du dir auch in belastenden Zeiten positive Momente?
Resilienz in dieser Weise als einen Prozess zu verstehen, bedeutet zu erleben, dass das Leben auch nach schweren Belastungen weitergeht – möglicherweise anders als vorher. Unser soziales Umfeld kann uns im Entdecken dieser neuen Normalität unterstützen.
Besonders wichtig sind dabei „Identitätsanker“, die auch unter den neuen Umständen ein stabiles Ich-Erleben ermöglichen. Beziehungen und Kommunikationsnetzwerke während der Belastung zu erhalten, trägt zu dieser Kontinuität bei. Perspektiven anderer Menschen helfen uns beim kognitiven Einordnen der belastenden Erfahrungen und unterstützen die Sinnfindung.
Im Austausch mit anderen ist es außerdem leichter möglich, negative Emotionen zu würdigen und positive Emotionen in den Vordergrund zu stellen – nach Fredricksons zentralem Motto für Resilienz: Prioritise Positivity.
Impulse zum Aufbau von Resilienz:
Reflektiere, wie du – auch in guten Zeiten – in deinem sozialen Umfeld für diese Faktoren der Resilienz sorgst.
- Was sind für dich Identitätsanker? Wie stellst du sie sicher?
Wer und was unterstützt dich dabei?
Welche Rituale und Tätigkeiten geben dir und anderen ein Gefühl von vertrauter Normalität? - In welche Kommunikationsnetzwerke bist du eingebunden?
Wie hältst du den Kontakt?
Bei wem suchst du Rat und neue Perspektiven, wen kannst du selbst damit unterstützen?
Wie holst du dir Hilfe bei Schwierigkeiten und bietest sie anderen an? - Wie verschaffst du dir auch in belastenden Zeiten positive Momente?
Wie unterstützen dich andere dabei und wie unterstützt du andere?
Quellen:
Tugade und Fredrickson 2007, Cohn et al. 2009, Buzzanell 2010

INNTAL-Blog abonnieren
Wollen Sie informiert bleiben, welche neuen Themen, Artikel und Seminare es im INNTAL gibt? Dann abonnieren Sie unseren Blog und Sie erhalten alle vier Wochen eine kurze Zusammenfassung per Email.