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Die Beziehung im Coaching gestalten

Einen Raum schaffen, in den sich Klient*innen hinein entwickeln können

Ulf Häfelinger, Trainer am INNTAL, sprach beim Kongress 2022 davon, was es braucht, um einen guten Kontakt zum Klienten herzustellen. Wie können wir einen Raum schaffen, in den sich die Klienten hinein entwickeln können? Ulf Häfelinger benennt dazu die Bereiche

  • Rapport,
  • Empathie,
  • Beisein,
  • Containment und
  • Presencing.

Methodenübergreifend liegt der Fokus auf dem Prinzip „Werde, der du bist!“. Die wird ergänzt durch eine Coaching-Beziehung auf Augenhöhe und das Empowerment. 

Verbundenheit

Ulf Häfelinger beginnt seinen Vortrag mit der Frage, wie man Menschen auf ihrem Weg zum Wachstum gut unterstützen kann. „Ohne Rapport keine Kekse!“  Die Feinabstimmung, das gute Einschwingen auf nonverbaler und verbaler Ebene, ist das „A und O“.

Der Begriff Rapport kommt aus dem NLP und beschreibt eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Menschen, die durch gegenseitige Wertschätzung und Verständnis geprägt ist. Rapport kann durch Pacing hergestellt werden und meint ein sich Einschwingen auf den anderen in Bezug auf Atmung, Körperhaltung, Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke etc. (Blickhan, 2018).

Barbara Fredrickson spricht hier von positiver Resonanz, die dann zustande kommen kann, wenn das Gefühl der Sicherheit und Verbundenheit besteht. Die so entstehenden Mikromomente der Resonanz zeigen sich in einer gemeinsam erlebten positiven Emotion, im Gleichklang von Handlungen und in kurzfristig gesteigertem Interesse und gegenseitiger Fürsorge.

Die Synchronisierung von Aktionen zeigt sich auch in Aktivierungsmustern in verschiedenen Hirnregionen und auf hormoneller Ebene, z.B. beim Oxytocin-Spiegel. Diese Mikromomente können sich zu einem erhabenen Gefühl entwickeln und zudem einen Ausgangspunkt für den Wunsch nach Veränderung darstellen. Wenn ich mich sicher und geborgen fühle, kann ich mich an neue Herausforderungen wagen und mich neuen Situationen stellen. Erlebte positive Emotionen können dazu führen eine Aufwärtsspirale in Gang zu setzen (Fredrickson, 2013).

Auch der Psychiater Daniel Siegel spricht davon, dass bevor eine Lösung auf verbaler Ebene gesucht werden kann, eine Verbindung auf nonverbaler Ebene notwendig sei, die zu einem sehr wohligen Gefühl („feeling felt“) führen könne (Siegel, 2003).

Sich verstanden fühlen

Als zweiten Punkt benennt Ulf Häfelinger Empathie. Dabei bezieht er sich auf Marshall Rosenberg und beschreibt, wie es möglich sei, den eigenen Empfindungen und Bedürfnissen wieder näherzukommen, wenn dem anderen auf eine empathische Art und Weise begegnet und das, was da ist, angenommen wird, ohne es zu bewerten oder zu beurteilen.

Das Aktive Zuhören nach Carl Rogers und das erweiterte Stufenmodell nach Blickhan fördern das Verständnis. Ein Ansprechen des Gesagten auf Gefühlsebene verbindet und schweißt zusammen, ist wie „sozialer Klebstoff“ (Blickhan).

Eine weitere Kommunikationsform, die den Beziehungsaufbau fördert, ist die Aktiv konstruktive Kommunikation. Diese zeigt sich nonverbal in Zugewandtheit, Blickkontakt, und Lächeln, verbal im Ansprechen von Gefühlen, offenen Fragen und im Äußern eigener positiver Gefühle (Ich-Botschaften) (Seligman, 2011).

Im Coaching ist aktiv mitzuschwingen und gleichzeitig handlungsfähig zu bleiben von großer Bedeutung. Das fordert Flexibilität und das „richtige“ Maß, z.B. beim Abgrenzen von Mitleid und Mitgefühl. Es bietet sich an bei positiven Aussagen des Klienten aktiv konstruktiv zu antworten, z. B. beim Würdigen von persönlichen Fortschritten, und bei belastenden Erfahrungen mit dem Aktiven Zuhören zu reagieren (Blickhan).

Beisein

Häfelingers dritter Bereich ist das Beisein. Dabei nimmt er Bezug auf Viktor Frankl, der von der Einzigartigkeit des Gegenübers spricht. Das Erstaunen, die Offenheit und der Kontakt zu dem Gegenüber können den anderen dabei unterstützen, in den Kontakt zu seinem eigenen inneren, gesunden Kern zu kommen.

Containment

Eine weitere Facette im Coaching-Kontakt ist für Ulf Häfelinger Containment, er bezieht sich dabei auf Niklas Luhmann, und spricht vom „Raum geben“ und davon diesen „Raum“, mit dem Inhalt, der da kommt, halten zu können. Und dieses „Raum und Halt“ geben kann dem anderen ermöglichen zu denken.

Mit Fragen kann steuernd eingegriffen werden, in welche „Richtung“ der Raum geöffnet werden soll (Blickhan).

Presencing

Im letzten Teil schaut Ulf Häfelinger auf Klaus-Otto-Scharmann, der vom Presencing spricht und davon das zu würdigen und entgegenzunehmen, was gerade beim anderen ist. Dieses kann erstmal wahrgenommen, beobachtet und angenommen werden. Darüber hinaus ist es dann möglich Zukünftiges zu erahnen und zu vergegenwärtigen. Das heißt auch mit dem zu arbeiten, was ist, nicht mit dem, was nicht ist.

Abschließend betont Häfelinger, wie hilfreich es in der Beratung sei, mit sich selbst gut im Kontakt zu sein und erspüren zu können, was ist da gerade bei mir und was beim anderen.

Beziehung auf Augenhöhe

Ein weiterer Aspekt, der von Bedeutung ist, ist eine Beziehung auf Augenhöhe zwischen Coach und Coachee. Zwar ist diese Beziehung asymmetrisch, doch auf Augenhöhe. Der Coachee ist Experte für sein eigenes Leben, der Coach Experte für Methoden und den Prozess (Blickhan).

Vergleiche, besser oder schlechter zu sein als der andere, können das Entstehen von positiver Resonanz verhindern. Zu wissen, dass ich mich früher oder später auch einmal in einer ähnlichen Situation wiederfinden kann (oder schon befunden habe), trägt dazu bei den anderen verstärkt durch die Brille der Gleichheit zu betrachten und ist prozessunterstützend. Dabei ist es hilfreich, sich mit seinen Schwächen und Stärken zu akzeptieren, zwischen Selbstkritik und Selbstlob die goldene Mitte zu finden und ein gewisses Bewusstsein bezüglich der Rollenklarheit zu entwickeln (Fredrickson 2013). Erpenbeck schreibt, dass es sich lohne, regelmäßig die aus der Transaktionsanalyse stammenden Okay-Positionen zu überprüfen (Erpenbeck, 2017).

Empowerment

Mit dem Begriff Empowerment ist im Coaching gemeint, dem Klienten die Handlungsmacht zu übertragen, sich selbst zu ermächtigen und die eigenen Interessen selbstbestimmt und selbstverantwortlich zu vertreten.

Die „Hilfe zur Selbsthilfe“ kann zu einer verstärkten Autonomie und Selbstbestimmtheit beitragen. Durch den entgegengebrachten Vertrauensvorschuss und das Wahrnehmen von Gestaltungsspielräumen können Potenziale und Ressourcen wieder entdeckt und Prozesse in Gang gebracht werden (Herringer, 2022).

Hier geht’s zum kompletten Kongressbeitrag. Der Abschnitt von Ulf Häfelinger beginnt bei Minute 2:49

Viel Freude!

Literatur

Blickhan, D. (2018). Positive Psychologie. Ein Handbuch für die Praxis. Paderborn: Jungfermann (2.erweiterte Aufl.)

Blickhan, D. (2021). Positive Psychologie und Coaching. Von der Lösungs- zur Wachstumsorientierung. Paderborn: Jungfermann (1. Aufl.)

Erpenbeck, M. (2017). Wirksam werden im Kontakt. Die systemische Haltung im Coaching. Carl-Auer Verlag (1. Aufl.)

Bryson, T.; Siegel, D.: Achtsame Kommunikation mit Kindern. 12 revolutionäre Strategien aus der Hirnforschung für die gesunde Entwicklung Ihres Kindes. Arbor Verlag

Fredrickson, B. (2011). Die Macht der guten Gefühle. Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. Frankfurt am Main: Campus

Fredrickson, B. (2013). Die Macht der Liebe. Ein neuer Blick auf das größte Gefühl. Frankfurt am Main: Campus Verlag

Niemic, R (2019), Charakterstärken. Trainings und Interventionen für die Praxis. Hogrefe Verlag

Rogers, C. (1983). Therapeut und Klient. Grundlagen der Gesprächspsychotherapie. FISCHER Taschenbuch (25. Aufl.)

Seligman, M. (2011): Flourish. Wie Menschen aufblühen. Die positive Psychologie des gelingenden Lebens. Kösel Verlag

Prior, M. (2022). Beratung und Therapie optimal vorbereiten. Informationen und Interventionen vor dem ersten Gespräch. Carl- Auer Verlag (9.Aufl.)

www.socialnet.de socialnet Lexikon: Empowerment (Prof. Dr. Norbert Herringer, 04.01.2022)

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