Im März 2020 habe ich hier meinen ersten Artikel im Zusammenhang mit der Pandemie veröffentlicht. Selbst stand ich noch unter dem Schock der ersten Wochen, die mich ahnen ließen, dass sich unser Leben auf lange Zeit sehr stark verändern würde. Es war mir ein Anliegen, auf dem Hintergrund der Positiven Psychologie Gedanken zu teilen und Wege zu zeigen, wie wir mit den großen Herausforderungen umgehen können, die uns alle so unerwartet getroffen hatten.
Nun sind wir in der vierten und vor der fünften Welle, und auch wenn manches schon wie ein „neues Normal“ scheint, kämpfen gleichzeitig mehr und mehr Menschen jeden Alters darum, emotional stabil zu bleiben, ihre sozialen Beziehungen zu erhalten, nicht zu vereinsamen, ihren Lebensunterhalt (oder Schule, Ausbildung, Studium) weiter zu sichern und in der nächsten Welle nicht unterzugehen.
Ich stelle hier meine Artikel der vergangenen 21 Monate noch einmal im inhaltlichen Zusammenhang vor und hoffe, dass ich damit Mut machen kann.
Was bedeutet Resilienz in der Pandemie?
Resilienz bedeutet, im komplexen, schwierigen Situationen auch das Positive nicht völlig aus den Augen zu verlieren, sagt Barbara Fredrickson, die führende Forscherin auf dem Gebiet der positiven Emotionen. Sie meint damit nicht, dass man blauäugig so tun soll, als sei doch alles irgendwie positiv – ganz im Gegenteil: Resilienz bedeutet nach Fredrickson, dass wir die Schwere oder Tragik einer Situation erkennen können und die entsprechenden Gefühle zulassen, ihnen aber nicht den alleinigen Raum einräumen.
Komplexe Situationen, wie die Pandemie sie hervorbringt, zeichnen sich durch ihre Vielschichtigkeit aus. „Nichts ist nur negativ“ hätte meine Großmutter gesagt, und Barbara Fredrickson hätte ihr zugestimmt. Den kurzen freudigen Moment, die kleine positive Facette in einer komplexen Sitation wahrzunehmen, das ist der Kern der Resilienz. Und die Grundlage davon ist unsere Fähigkeit, Unterschiede wahrzunehmen und unsere Emotionen differenziert zu erleben. Zum Ausklang des Jahres 2020 habe ich zu dieser wichtigen Fähigkeit, der Emotionsdifferenzierung, einen persönlichen Brief geschrieben. Aus heutiger Sicht kann ich das nur bestätigen.
Wir sind inzwischen auf der Langstrecke der Pandemie und gerade jetzt täglich wieder gefordert, weise mit unseren Emotionen und Gedanken umzugehen. Deshalb ist der Artikel Mit Weisheit durch die vierte Welle jetzt ebenso aktuell wie er vor wenigen Wochen im Herbst 2021 war, als ich ihn geschrieben hatte.
Weisheit und Unterschiedswahrnehmung werden wir weiter brauchen, um unsere Zuversicht stark zu halten und über den Jahreswechsel Kraft zu schöpfen, der für die meisten von uns mit ruhigeren Tagen verbunden ist. Und damit können wir dann auch andere Menschen stützen und ihnen helfen, wieder Stabilität zu finden in einer Welt, die manchmal alles andere als stabil scheint.
Wenn uns die Geschichte eines lehren kann, dann ist es das Wissen, wie stark Menschen sein können. Die Psychologie bestätigt das seit vielen Jahren und die Positive Psychologie kann uns jetzt Wege zeigen, wie wir diese Kraft in uns finden und stärken können. In diesem Sinne wünsche ich uns allen Kraft und Zuversicht für die nächste Phase unserer Langstrecke!
Daniela Blickhan
Positive Psychologie in der Pandemie
Hier sehen Sie meine Corona-Artikel in chronologischer Reihenfolge mit einem kurzen Anrisstext:
Was jetzt? Die Situation in der Coronakrise aus psychologischer Sicht
28.03.20
Stress ist eine natürliche menschliche Reaktion, wenn wir eine Anforderung noch nicht einschätzen können, oder fürchten, sie nicht bewältigen zu können. Unsere derzeitige Situation in der Coronakrise eine Woche nach der Einführung bundesweiter Ausgangs- und Kontakteinschränkungen ist genau das: eine Anforderung, die nicht einschätzbar ist, und von der wir noch nicht genau wissen, wie wir damit umgehen können. Und deshalb erleben wir alle seit Tagen (oder Wochen) Stress.
In diesem Artikel beleuchte ich aus psychologischer Sicht, was gerade in und mit uns passiert, und Wege aufzeigen, wie wir lernen können, damit umzugehen. Denn diese belastende Situation wird uns vermutlich noch eine ganze Zeit beschäftigen und das Virus wird nicht in wenigen Wochen verschwunden sein.
Was brauchen wir jetzt? Psychische Grundbedürfnisse in der Coronakrise
30.04.20
Wir werden noch eine ganze Weile „mit Corona“ leben. Deshalb lohnt es sich, den Blick auf das zu richten, was uns langfristig gesund hält. Denn es geht nun nicht mehr um „Erste Hilfe“ – es geht buchstäblich um eine neue Art zu leben und unseren Alltag zu gestalten.
Um langfristig gut mit einer so neuen und unklaren Situation umzugehen, hilft es uns, wenn wir den Blick auf das lenken, was unser Wohlbefinden und unsere psychische Stabilität fördern kann: auf unsere psychischen Grundbedürfnisse.
In diesem Artikel geht es um Kompetenz, Autonomie und Verbindung in Zeiten der Pandemie.
Gedanken zum Ausklang dieses Jahres: Positive Psychologie in Zeiten einer Pandemie
18.12.20
„Wie können wir traurig sein über das, was dieses Jahr nicht möglich war und nicht mehr möglich sein wird, gleichzeitig dankbar für Wege und Möglichkeiten, die sich (dennoch) geöffnet haben oder weiter öffnen werden, froh um unseren Mut, den wir gezeigt haben, indem wir diese Wege gefunden haben (oder noch finden), und auf ihnen vorangehen, zuversichtlich bleiben, dass wir auch weiterhin mit dem umgehen können, was neu und ungewohnt ist,wie geht das gleichzeitig…?“
Dankbarkeit: Warum uns dieses Gefühl gerade jetzt helfen kann
18.12.20
Dankbarkeit ist ein psychischer Zustand, der durch Staunen und Wertschätzung gekennzeichnet ist (Emmons & Shelton 2002).
Schon Abraham Maslow beschrieb den Zusammenhang zwischen Dankbarkeit und persönlichem Wachstum bzw. Selbstaktualisierung:
Sie führt dazu, dass wir „das grundlegend Gute im Leben wieder und wieder aufs Neue mit Staunen, Freude, Bewunderung und Begeisterung wertschätzen können, auch wenn diese Erfahrungen für andere schon fade geworden sind“. Maslow betrachtete die Fähigkeit, Dankbarkeit zu empfinden und auszudrücken als essenziell für die emotionale Gesundheit und empfahl bereits damals einen positiven Tagesrückblick: „Das Leben wäre so viel besser,
wenn wir das Gute wahrnehmen könnten (count our blessings), so wie es Menschen mit einem hohen Maß an Selbstaktualisierung tun (self-actualizing people)“.
Dieser Artikel (ein Auszug aus Daniela Blickhans neuem Buch Positive Psychologie im Coaching) zeigt die Bedeutung von Dankbarkeit – gerade in diesen Zeiten, die vor uns liegen. Gerade mit den gesellschaftlichen, persönlichen, beruflichen, menschlichen Herausforderungen, die jetzt vor uns liegen.
20.01.20
„Am Ende wird alles gut – und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.“
Selten schien mir dieses Zitat von Oscar Wilde so passend wie jetzt: Gerade erst wurden in Deutschland die Corona-Beschränkungen für weitere vier Wochen verlängert. In Österreich werden viele Beschränkungen wohl bis März bleiben, und die Schweiz hat nun verpflichtendes Homeoffice angeordnet. Die Liste der Länder und Beschränkungen ließe sich lange weiterführen.
Wie geht es uns allen in dieser Zeit? Wie kommen wir mit einer an sich schon schwer einschätzbaren Situation zurecht, die sich alle paar Wochen wieder erneut verändert? Was bedeutet das für unsere Psyche?
Was wir aus der Weisheitsforschung in diesen zweiten Corona-Herbst mitnehmen können
23.08.21
In diesem Sommer konnten viele Menschen wieder aufatmen. Warme Temperaturen ermöglichten uns viel Zeit im Freien oder zumindest bei offenen Fenstern. Für viele waren erstmals wieder ein paar Urlaubstage möglich. Sinkende Inzidenzen und steigende Impfquoten signalisierten Entspannung und selbst die Abstandsregeln fühlten sich in vielen Kontexten schon ein Stück gewohnter an. Das Leben, so wie wir es kannten, schien wieder näher zu rücken und greifbar zu werden.
Nun stehen wir an der Schwelle zum Herbst, der die vierte Welle bringen wird. Wie können wir mit Zuversicht und Gelassenheit in diese nächste Phase gehen? Dafür kann uns die Forschung zum Thema Weisheit Anregungen geben.
26.12.21
Diese letzte Woche des Jahres ist anders als sonst. Die Weihnachtstage haben eine Zäsur in unseren Alltag gebracht, und aus dem hohen Tempo, mit dem viele von uns vor den Feiertagen noch möglichst vieles abschließen und fertigmachen wollten, kommen wir nun in eine andere Gangart. Viele haben nun ein paar freie Tage, die sie in einem anderen Rhythmus verbringen als sonst.
Wir könnten also innehalten und uns erlauben zur Ruhe zu kommen. Doch nicht immer stellt sich dabei die ersehnte Entspannung ein, sondern oft steigen erst einmal andere Gedanken und Gefühle an die Oberfläche. Und das irritiert uns, denn nun wäre doch endlich die Zeit zum „Abschalten“ gekommen. Es bringt aber bekanntlich nichts, auf dem Wunsch nach innerer Ruhe zu beharren und die störenden Gedanken und Gefühle wegzudrücken. Sinnvoller ist der Weg, ihnen Raum zu geben, um sie zu betrachten und zu verstehen. Dann können wir zur Ruhe kommen und daraus Kraft für das neue Jahr mit seinen Möglichkeiten schöpfen.
Im Artikel:
- Rückblick
- Gegenwart
- Ausblick
- Was brauchen wir zum gelingenden Leben?
– to be continued –