Selbstfreundlichkeit und Mitgefühl sind Inhalte in unserer Ausbildung zur Anwender*in Positiven Psychologie DACH PP. Dazu haben wir heute von Dago Elsner, die den aktuellen Onlinekurs als Assistentin begleitet, eine wunderschöne Geschichte geschenkt bekommen. Mit Dagos Zustimmung möchte ich euch die Geschichte hier zugänglich machen.

Die „Insider“-Themen aus dem Kurs habe ich mit (*) markiert und erkläre sie am Ende der Geschichte. Viel Freude beim Lesen!

Die Geschichte

Kennt ihr das auch: die Freundin tut nicht, was man erhofft hatte, das Lob vom Chef bleibt wieder mal aus, der Partner meckert über die unordentliche Küche, fast wäre der Zug vor der Nase weg gewesen, weil wieder soooo viel dazwischen kam, andere gehen mit deinem Eigentum um, als wäre es nichts wert, und das 70-Tage-Projekt ist plötzlich viel zu groß für dich?

Zack, kaum ist der Gedanke da, sitzt der Elefant (*) schon auf dem Boden und heult vor Wut oder Traurigkeit!

Nach einiger Zeit kommt gemütlich der Reiter um die Ecke, schaut verwundert auf das Häuflein Elend und fängt gleich an zu schimpfen: „Was heulst du hier so rum? Das ist doch nur eine Lappalie und kein Grund für so ein Drama!“

 

Der Elefant will sich eigentlich nur noch klein machen, doch dann macht er sich plötzlich groß: „Was weißt du schon? Du kommst hier langsam an, während das Gefühl sofort da war! Die Wut und die Traurigkeit!“

Trotzig hebt der Elefant den Rüssel und gibt ein „Brrrr“ von sich – was bei einem Elefanten eine ziemlich feuchte Angelegenheit ist. 

 

Wie ein begossener Pudel steht der Reiter da und versucht es noch einmal: „Jetzt reiß dich halt mal zusammen. Was sollen den die anderen denken. Das ist PEINLICH“

Der Elefant dreht sich jedoch bloß um und: „Brrr“ kommt die zweite Dusche.

 

Ratlos schaut sich der Reiter um und sieht auf einem Baumstumpf etwas orangenes leuchten. Er geht ein Stück näher und stutzt: Liegt da wirklich eine Mandarine mit einem Gesicht? (**)

„Du schaust, als hättest du noch nie eine Mandarine gesehen!“

Voller Erstaunen plumpst der Reiter auf seinen Hintern und bleibt mit offenem Mund sitzen. Eine sprechende Mandarine?

„Was ist denn mit deinem grauen Kumpel los?“, fragt die Mandarine interessiert. 

Der Reiter schüttelt sein Erstaunen weg und sagt: „Ach der, ist einfach nur ne Drama-Queen, macht aus jeder Mücke blitzschnell einen Elefanten“

„Naja, er ist ja auch ein Elefant, was sollte er auch sonst aus irgendwas machen.“, lacht die Mandarine fröhlich.

„Das ist aber doch peinlich. Was sollen die anderen nur denken?“

„Vermutlich kennen die andere solche Momente auch, nicht wahr?“, wird die Mandarine plötzlich ernst. 

„Hmm, ja vermutlich schon…“

„Und wenn andere das auch mal erleben, dann ist das doch auch für euch okay, oder?“

„Hmm, vermutlich.“

Der Reiter schaut sich nach seinem weinenden Elefanten um. 

„Und dann wäre es doch besser lieb mit deinem Elefanten zu sein statt ihn zu schimpfen. Damit fühlt er sich nur noch kleiner, oder?“

„Hmm, vermutlich!“

 

Die Mandarine grinst: „Dann solltest du wohl jetzt zu deinem Kumpel gehen und ihn mal richtig in die Arme nehmen und liebhaben.“

„Hmm, vermutlich!“

„Warum wusste ich nur, dass du das sagst?“, lachte die Mandarine so laut und heftig, dass sie in Bewegung kam, vom Baumstumpf fiel und lachend den Hang hinunter kullerte.

 

Der Reiter sah ihr lächelnd hinterher und drehte sich dann zu seinem immer noch weinenden Freund um. Er ging auf ihn zu und nahm ihn fest in die Arme und hatte ihn einfach nur lieb.

 

Ihr fragt euch jetzt vielleicht, wie ein kleiner Reiter einen riesigen Elefanten feste umarmen kann. Doch das geht, denn die beiden sind ein tolles Team und haben sich schon oft umarmt und lieb gehabt.

Dago Elsner

Anmerkungen

(*) Der Elefant steht metaphorisch für das „schnelle Denken“ nach Daniela Kahnemann, für intuitive, automatische, emotionale Prozesse. Der Reiter entspricht in der Metapher dem „langsamen“ Denken, das bewusst gesteuert und kognitiv geprägt ist (System 1 und 2 nach Kahnemann, mehr dazu im Buch Coaching mit Positiver Psychologie“)

(**) Von Mandarinen mit einem Gesicht darauf hat uns in der Ausbildungsgruppe ein Teilnehmer erzählt. Er hat damit sein inneres Team visualisiert und so hatten seine Mandarinen ganz unterschiedliche Gesichter. Das Titelfoto dieses Blogbeitrags zeigt eine davon 😊